Meine Schwester und ich wollten
schon immer Haustiere haben. Zwei Kaninchen später hatten wir einen Hund
zuhause sitzen, dessen Rasse eigentlich nicht existiert und der täglich
versucht seine Schäfchen zusammen zu halten, aber nie so wirklich erfolgreich
ist.
Das erste Tier, das bei uns
einzog, war ein Kaninchen und sein Bruder. Von Sommer 2006 bis Mai 2016 lebte
Hazel bei uns, ein Kaninchen das uns als Zwerg-Kaninchen verkauft wurde und in
seinen besten Zeiten drei Kilo wog. Sein Bruder Fiver zog zeitgleich mit Hazel
ein, wurde aber fast elf Jahre alt. Wir haben uns zwar nicht immer ganz
verantwortungsvoll um unsere Kaninchen gekümmert (ich war anfangs aber auch
noch sehr jung, wir haben die beiden 2006 bekommen, 2007 wurde ich
eingeschult…), aber die drei Monate, in den ich mich um kein Tier kümmern
konnte (musste?), waren die schlimmsten meines Lebens.
Im Mai 2017 zog dann unser Hund
ein, den wir uns schon so lange gewünscht hatten – in den letzten Jahren
unserer Kaninchen sind wir immer mit den beiden „Gassi“ gegangen, wenn uns
jemand fragte warum, begründeten wir das damit, dass wir keinen Hund hatten.
Linda war, als sie bei uns
einzog, kein süßer Welpe mehr. Sie war ein Hund, der aus Spanien kam und über
dessen Vergangenheit man so gut wie gar nichts wusste. Heute wissen wir zwar
immer noch nicht viel mehr über ihre Vergangenheit in Spanien, aber es kann ihr
nicht schlecht ergangen sein.
Back to the Roots
Ein paar Monate nachdem Linda bei
uns eingezogen ist, haben wir dem Tierheim auf Lanzarote, in dem sie war, eine
E-Mail geschrieben. Das Tierheim konnte uns leider auch nicht viel über ihre
Vergangenheit sagen. Nicht etwa aus Datenschutzrechtlichen Gründen (gibt es so
etwas bei Tieren eigentlich?), sondern weil sie auch nicht viel wussten. Alles
was die Mitarbeiter aus dem Tierheim uns sagen konnten, war dass sie bei einer
Frau gelebt hat, die sie dann aber aus gesundheitlichen Gründen abgeben musste.
Im April 2019 sind wir eine Woche
nach Lanzarote in den Urlaub geflogen, aber nur aus dem Grund, weil wir mal in
Lindas altes Tierheim wollten. An einem Tag haben wir uns ein Auto gemietet und
sind zum Tierheim gefahren. Dort wurden wir sehr herzlich begrüßt und gefragt,
ob wir mit einem Hund eine Runde Gassi gehen wollten.
Eine der beiden deutschsprachigen
Mitarbeiterinnen war an dem Tag da und hat unsere Spenden entgegengenommen,
danach hat sie zwei Mädchen organisiert, die uns durch das Tierheim führen
sollten. Die zwei Mädchen, die nach der Schule dort vorbeikommen und helfen,
haben uns von jedem der knapp hundertfünfzig Hunde den Namen genannt.
Als wir die deutsche
Mitarbeiterin noch einmal nach Lindas Vergangenheit fragten sagte sie uns, dass
sie wohl als Welpe schon mal im Tierheim war und dann von der Frau adoptiert
wurde, die sie aus gesundheitlichen Gründen wieder abgeben musste. Ihr muss es
bei der Frau aber ganz gut ergangen sein, weil sie war schon leinenführig und ist
immer noch sehr Menschen bezogen.
Linda und ihre Schäfchen
Lindas Rasse hat den hübschen
spanischen Namen Pastor Garafiano – der Hütehund aus der Stadt Garafia. Diese
Rasse wird für das Hüten der Schafe in den Bergen der Kanaren gezüchtet. Anders
als die bekannten Hunderassen wird der Pastor Garafiano nicht nach Aussehen,
sondern nach Nutzen gezüchtet, deshalb ist die Rasse auch nicht vom FCI
anerkannt und niemand kennt sie. Aber deshalb steckt auch noch der Hütehund
tief in ihr und das merkt man auch.
Linda ist sehr Menschenbezogen,
was am gut daran erkennen kann, dass sie im März 2018 das erste Mal in Ihrem
Leben Straßenbahn gefahren ist – mit zwei Jahren und sechs Monaten. Was macht
der Hund? Er legt sich so in den Weg und schläft, dass alle Leute über ihn
steigen müssen. Wenn wir entspannt sind ist Linda auch entspannt, da orientiert
sie sich an uns, aber wenn wir unsicher oder angespannt sind übernimmt Linda
das Ruder und will die Situation regeln. Wir müssen sie dann daran erinnern,
dass das nicht ihre Aufgabe ist.
Man sieht den Hütehund aber auch
wenn wir mit der Familie in der Stadt sind und einer in ein Geschäft geht. Die
anderen wollen noch ein paar Schritte weitergehen und sich auf eine Bank
setzen, aber Linda bleibt stehen und will auf ihr „Schäfchen“ warten. Oder abends,
wenn alle in ihren Betten liegen, geht Linda an den Türen vorbei und schnüffelt
unter dem Türschlitz durch, ob auch wirklich alle in ihren Betten sind. Das Beste
fand ich aber als wir im Oktober 2018 Hühner bekommen haben. Ich weiß nicht, ob
Linda eifersüchtig war, oder was mit ihr los war, aber immer, wenn wir „Hühnerzeit“
hatten, oder wenn die Hühner auf uns zukamen, hat Linda die von uns weggescheucht,
als ob sie Angst hätte, dass die Hühner uns etwas antun könnten (wir hatten nur
vier Hühner).
Linda hat keine echten Schafe zum
Hüten, also hat sie uns zu ihren „Schäfchen“ gemacht.
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